Mittwoch, 11. August 2010

Mittwoch

Der Tag begann mit einem erneuten Besuch in der Kathedrale, die mich bereits zuvor schwer beeindruckte. Der Apostel Jakobus selbst lädt in diese Kathedrale ein und damit zugleich zu einem Leben mit Gott. Mit dem Bau der außergewöhnlichen Kathedrale stellten Menschen seit 1000 Jahren ihr Glaubenszeugnis und ihre Verehrung dar. Große Freude, oftmals Ausgelassenheit und Bewunderung war überall zu spüren. Vieles bewegte mich sehr, so dass ich froh war, zum Mittagessen erneut die Frauen vom Pilgertreffen wieder zu sehen- und nicht allein zu sein. Abends wollte ich die Vesper der Benediktinerinnen besuchen, um deren Gesang zu lauschen. Leider geriet ich mittendrin in einen Abendmesse, nach deren Ende ich durch die Altstadt zum Hotel zurück schlenderte. Morgen geht es nach Hause. So bang mir anfangs vor den 5 Wochen war, so beeindruckend war diese Zeit. Angefüllt dem Ablick unendlich schöner Landschaft und unfassbar vielen Begegnungen mit Menschen, Gott und nicht zuletzt mit mir selbst. Ich habe meine körperlichen und geistigen Fähigkeiten prüfen und erweitern können. Ich stellte Fragen, bekam Antworten und völlig unerwartete Einsichten. Ich ging nicht zum Ende der (mittelalterlichen) Welt in Fisterre und habe trotzdem viel Ballast verloren.
Kerstin

Dienstag, 10. August 2010

Dienstag Teil 3

Nun stehe ich in der nächsten Schlange. Manchmal scheint es mir, als wäre ich wirklich gelasssener, seitdem ich auf dem Camino bin. In etwa einer Stunde werde ich das Grab des Jakobus erreichen und dafür durch die hlg. Pforte gehen. Für den Sündenablass im hlg. Jahr ist dies zwingend vorgeschrieben, dem entsprechend voll ist es hier. Gerade habe ich wieder bekannte Gesichter getroffen. Es ist immer wieder wunderbar. Die Uhr über mir hat nur einen Zeiger und zählt nur die Stunden- welch schönes Zeichen mit der Zeit gelassener umzugehen.
Kerstin

Dienstag Teil 2

Auf dem schönen Papier der Compostala steht nun: Christinam! Nach der Ausfertigung lief ich zurück ins Hotel und habe ausgiebig gefrühstückt. Beim Warten hatte ich gefroren- drei Tassen Kaffee und Unmengen guter Leckereien ließen mein Pilgerherz wieder frohlocken. Bald ging es wieder zurück zur Kathedrale. Um 12.00 Uhr ist Pilgermesse. Die Kirche war übermäßig voll- die Messe vor allem durch den Gesang einer Nonne sehr feierlich. Hinterher blieb ich zum kleinen Treffen deutschsprachiger Pilger, das sehr interessante Gespräche bot. Der Domkapitular von Rottenburg-Stuttgart und zwei Frauen machen es sich zur Aufgabe, Pilger zu begrüßen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Gerade ist Siesta, anschließend nutze ich die Gelegenheit, mir vom selben Team die Kathedrale zeigen und erklären zu lassen.
Kerstin

Dienstag in Santiago

Ich bin in Santiago.
Ich habe es geschafft!
Ich wanderte mehr als 600 km in den letzten Wochen!
Und nun bin ich wirklich in der Pilgerhochburg. Der Weg durch die Stadt zeigte mal, wieder, dass in Spanien Sommerferien sind. Der Tipp des Polizisten durch den großen Park zu laufen, erwies sich als unbrauchbar und ich legte auf den versclungenen Wegen zusätzliche Wegstrecken zurück. Der Mann an der Rezeption behandelte mich fast wie eine Aussätzige- so wenig konnte er sich vorstellen, dass meine Reservierung echt ist. So badete ich ersteinmal- und bemerkte selbst, dass meine Pilgerausstattung sehr spartanisch ist. Was hilft z.B. ein Fön, wenn keine Bürste da ist. Selbst das dt.Werbefernsehen von Sat1 wurde zum Genuss. Anschließend war ich kurz in der Kathedrale, sah den großen schwingenden Weihrauchkessel und traf mich mit Elisabeth. Später kamen noch die jungen Italiener und Christof dazu. Heute reisen sie alle ab, gestern hatten wir noch einen schönen Abend. Heute stand ich früh auf und eilte zum Pilgerbüro. Doch auch hier waren die Spanier schneller. Bereits um 7.30 Uhr war eine lange Schlange vor dem Büro, das um 9.00 Uhr öffnet. Hier will ich die Compostela erhalten- selbst auf die Gefahr hin, heute kein Frühstück mehr zu bekommen. Später geht es in die Pilgermesse.
Kerstin

Montag, 9. August 2010

Montag (letzte Etappe)

Nun (13.30 Uhr) sehe ich Santiago vor / unter mir liegen! Bisher überkommt mich kein Glücksgefühl. Ich habe noch 6 km bis zur Kathedrale bergab zu laufen, bald dahinter liegt mein Hotel. Ich hoffe darauf, dass der Gepäcktransport geklappt hat. Die Rezeption des Hotels war entgegen der Absprachen nicht besetzt und ich hinterließ Rucksack, Geld und Schlüssel auf dem Tresen. Gerade fanden sich die ersten Pilger vom Camino del norte wieder. Wie klein doch die Welt ist. Eine Wanderung auf dem Camino frances wollte ich bei den Massen, die hier rumlaufen in diesem Jahr nicht tun. Jetzt laufen auch die spanischen Pilger ein, mit denen ich morgens um 5.00 Uhr den Weg im Dunkeln verfehlte und einige zusätzliche km lief. Mein Laufen ohne Rucksack ist schneller und geht heute aber auf die Oberschenkel.
Kerstin

Sonntag, 8. August 2010

Sonntag Teil 2

Beschreibung: Es ist ja nun genauso vorbei, wie das Schlafen in einer Albergue: aber es verdient eine kleine Beschreibung: mein Pilgerlleben begann morgens meist mit einem Frühstück aus dem Rucksack. H-Milch mit Fruchtzusatz sowie etwas Weißbrot oder Kekse machten das frühe Starten möglich. Um etwa 9.30Uhrwurde die Lust aufden Kafee stark- und die Suche nach einer Bar unerlässlich. Zwischen den Männern trank meinen Cafe con leche und verspeiste meine Marmeladentoasts. Zugleich eine wunderbare Gelegenheit, eine saubere Toilette zu besuchen! Gegen Mittag fand sich eine Picknickgelegenheit am Weg: Obst, Thunfischsalat aus der Dose, Brot mit Wurst und Käse- und natürlich Schokolade wurde dafür eingekauft und mitgetragen. Nach der Ankunft ein der neuen Herberge fand sich oft ein Eis! Abends gingen wir oftmals zusammen essen: in vielen Städten gab es das Menue del dia/ oder Peregrino. Für 8-12Euronen gibt es zwei Gänge, Nachtisch und Wein. So habe ich mich ziemlich durch die span. Speisekarten gefressen. Mein großer Dank gilt der Firma Mammut, die meine beiden Trekkinghosen so ausgerüstet hat, dass ich ständig das Gefühl habe, trotz aller Völlerei über zunehmenden Platz in den Hosen zuverfügen.
Kerstin

Sonntag

Gestern kam ich nach Arzua. Hier steppte der Bär: Pilgerscharen, feiernde Spanier- hier schien jeder verrückt. Alle Pilgerherbergen waren besetzt. Die jungen Italiener zahlten 10 Euro um auf dem Boden einer privaten Herberge schlafen zu dürfen, denn auch die Notunterkunft war voll. Entsetzt fürchtete ich die Unterbringungsmöglichkeiten im nächsten Ort. Meine Lust auf Santiago schwand weiter. So mietete ich mich zur zweiten Nacht hier in einem Hotel an der Ausfallstraße ein- und verkroch mich heute mit einem Krimi, den mir eine dt. Touristin schenkte. Morgen laufe ich dann die letzten beiden Etappen (=40km) zusammen und lasse dafür den Rucksack mit dem Taxi fahren. Dafür konnte sich heute mein Fuß und meine Schulter erholen - und langsam freue ich mich auch darauf, die Stadt zu erreichen. Das unzureichende Schlafen in der siffigen Klosterherberge forderte für mich jedoch eine Erholungspause ein. Nur sitze ich mit einem Glas Rioja allein auf der Terrasse des Hotels und bin ganz zufrieden mit meiner Entscneidung. Die Stadt hat sich beruhigt- und mir wurde gerade vom Wirt eine Schale Oliven geschenkt. Unvorstellbar noch vor Jahren: Kerstin isst Oliven- und is(s)t auch noch allein im Urlaub!
Kerstin